Einstellung und Einfädeln neuer Mitarbeiter

Das Berufsfeld der Erzieherin ist ein weites Feld. Schnell ist man deshalb dabei von einer Erzieherin menschenunmögliches zu verlangen. Am besten wäre es, sie wäre eine Alleskönnerin , möglichst jung und erfahren, anpassungsfähig und eigenständig, kreativ und strukturiert, teamfähig und extrovertiert, genau und spontan, zielorientiert und ergebnisoffen, mobil und verfügbar, mitfühlend und sensitiv, hellhörig und initiativ, klar und konsequent, kindorientiert und elterngerecht, handwerklich und technisch begabt, Organisationsgenie und Freigeist, ein Multitalent sowieso, usw.

Dies alles in gleichem Maße zur Verfügung zu haben, würde eine ganz andere Fähigkeit erfordern, nämlich die des Zauberns. Wünschen darf man sich eine solche idealisierte Kollegin aber schon. Und ganz nebenbei führen Einstellungskriterien auch zu einer konstruktiven Selbstreflexion, denn schließlich muss ich mich und auch das Team ja an den selbst aufgestellten Kriterien messen lassen. Der Vorteil eines multiprofessionellen und vielfältigen Teams ist ja auch, dass nicht jede alles gleich gut können muss.
Also ist mit der Einstellungsfrage immer auch die Frage verknüpft, was brauchen wir in unserem Team ganz besonders oder was fehlt uns noch.

Grundsätzlich können Sie in jedem Bewerbungsgespräch subjektiv vorhanden geglaubte Kompetenzen erfragen. Achten Sie aber darauf, dass subjektiv vorhanden geglaubte Kompetenzen noch lange nicht wirklich vorhanden sein müssen. Daher erfahren Sie an dieser Abfragestelle auch viel über Selbstbild und Selbsteinschätzung.

Erstellen sie ein Anforderungsprofil für die neue Stelle.
Im Anforderungsprofil definieren Sie, welche individuellen Kompetenzen für die freie Stelle dringend nötig sind und welche Kompetenzen in Ihrem Gesamtteam fehlen. Im Anforderungsprofil legen Sie beispielsweise fest, welche fachlichen, persönlichen, sozialen, methodischen und selbstaktiven Bausteine Ihre zukünftige Mitarbeiterin mitbringen sollte. Mit diesem verschriftlichten Anforderungsprofil wird es Ihnen möglich, Ihre Stellenausschreibung für die neue Erzieherin genau Ihren Bedürfnissen gemäß im Entwurf aufzusetzen. Auf diese Weise fundiert vorbereitet wird Ihr Stellenausschreibungsentwurf auch Ihrem Träger entsprechend einleuchten.

Mit welcher Brille wollen Sie auf die Bewerberin schauen?

  • Ausgangsqualifikation
  • Berufserfahrung
  • Kognitive und intellektuelle Fähigkeiten
  • Personale Kompetenz
  • Soziale Kompetenz
  • Methodenkompetenz

Qualifikationen weisen auf abprüfbares Wissen hin. Sie beurkunden nachweisbares Wissen, Kenntnisse und Fertigkeiten. Kompetenzen wiederum zeigen sich in Selbstorganisationsvermögen und Umsetzungsvermögen, also darin, „das Wissen anwenden zu können“. Sie gründen auf der Fähigkeit, in gründlich strukturell vorbereitete Erfahrungs- und Handlungsräume hinein performative Elemente zulassen zu können, damit die vorausgedachten Angebote sich mit (kindlichem) Leben füllen können.

Schriftliche Unterlagen weisen Qualifikationen nach - in einem Bewerbungsgespräch können einige Kompetenzen beobachtet werden. Viele Kompetenzen werden erst im Berufsalltag sichtbar. Oft ist es deshalb hilfreich, die interessanteren Bewerber/innen zu einem Hospitationstag einzuladen, um sie direkt in der Arbeit, in der Beziehungsaufnahme zum Kind zu erleben, oder auch um sie bei der Lösung einer gegebenen Aufgabe zu begleiten (z.B.: Freispielangebot gestalten oder/und ein Element vom Tagesablauf übernehmen lassen).

Personale Kompetenz ist sehr wichtig. Denn wer sich selbst gut kennt und über eigene Haltungen, Gefühle und Motive reflektiert, ist oft belastbarer und zuverlässiger. In der Regel ist sie/er auch besser in der Lage den Zugang und die Beziehung zum Kind positiv stabil zu halten.

Entscheidungs- und Kommunikationsprozesse werden sehr viel stärker von der Beziehungsebene als von der Inhaltsebene beeinflusst (siehe Schulz von Thun). Erzieherinnen, die die Beziehungsebene wahrnehmen und gestalten können, tragen zur qualitativen Verbesserung von Ergebnissen bei.

Achten Sie darauf, Menschen mit größerem Methodenrepertoire sind breiter aufgestellt, wenn es darum geht, situationsbedingt kreative und hilfreiche Lösungen zu entwickeln. Bewerber/innen, die neue Wege beschreiten, Neues ausprobieren, Fragen stellen oder Vorschläge einbringen, geben damit nicht selten einen Hinweis darauf, dass sie über ein größeres Methodenrepertoire verfügen und sich aktiv neue Struktur- und Angebotsformen aus den „Rippen schwitzen“ können.

Eine selbstständige und eigenständige Erzieherin verfolgt z.B. aktiv ihre Intentionen, handelt verantwortungsvoll, kann Aufgaben alleine und selbstverantwortlich lösen oder sich verantwortlich um entsprechend fehlende Ressourcen oder noch zusätzlich notwendiges Knowhow kümmern. Sie bezieht sich verantwortlich auf entstehende Situationen und betrachtet Sie als bereichernde Herausforderung. Sie denkt mit und wird zu einer verlässlichen Säule des Teams.

Flexible und spontane Erzieherinnen haben wenig bis keine Schwierigkeiten damit, wenn sich eingespielte Gewohnheiten oder von allen anerkannte Traditionen verflüssigen oder gar in Luft auflösen. Sie können sich auf Veränderungen gut einstellen und können wie ein Fisch im Wasser, wenn der Boden ins Schwimmen gerät, mitschwimmen. Sie empfinden auflösende Strukturen als Chance und Anstoß zur Erneuerung. Flexible und spontane Erzieherinnen neigen eher dazu sich durch zu eng vorgebahnte Handlungsvorgaben gegängelt zu fühlen. Sie haben eine Freude daran in nicht voraussehbaren Situationen spontane Handlungsantworten zu entwickeln. Sie können mit der kindlichen Spontaneität angstfrei und unterstützend mitschwingen. Sie schätzen neue Aufgaben und Handlungsräume.

Gesprächsverläufe prozessual und dialektisch gestalten

Wir wollen uns dem eher prozessualen, dialogischen und inhaltlichen Gesprächsverlauf widmen. Wie muss ein erfolgreiches Gespräch, das uns in unserer Wahl voranbringt, angelegt sein?
Mit welchen Fragestellungen, mit welchen Impulsen und Anforderungen dürfen, ja, müssen wir die mögliche zukünftige Kollegin in Kontakt bringen bzw. sogar einmal konfrontieren? Wie können wir unser Augenmerk für die oft unausgesprochenen Schattenseiten/Schwächen schärfen und entsprechende Haltungen im Umgang mit sich selbst „heraus kitzeln“, die uns Einblick geben in die Integrationsfähigkeit eigener Persönlichkeitsanteile.

Ziel der Fortbildung

Die Fortbildung vermittelt sehr differenziert und alltagstauglich Kriterien für die Auswahl neuer Mitarbeiterinnen und Handwerkszeug, um dieses Wissen im direkten Einsatz zum Vorschein zu bringen. Denn was nützt uns Wissen, das dann in der praktischen Arbeit nicht abrufbar ist. Mit gezielten Fragetechniken wollen wir die feinstofflichen Zwischenräume einladen ans Licht zu kommen, um eine realitätsnahe Einschätzung der Kompetenzschätze der neuen Mitarbeiterin zu erhalten und auf dieser Grundlage eine für unsere Kita und unser Team gute Entscheidung zu treffen.

Daneben wollen wir auf Ihre jeweilige Einrichtung zugeschnitten überlegen, wie wir das Einfädeln neuer Mitarbeiterinnen konzeptionell gut anlegen können, so dass alle Freude an diesem Prozess haben, die Einrichtung und die Kinder profitieren und die Mitarbeiterin auch gerne bleibt.

Seminardauer
1 – 3 Fortbildungstage

Referent
Joachim Armbrust

Kosten
Tagessatz bei einem Tag: 800 Euro plus 19 % MwSt.
Tagessatz bei 2-3 Tage: 700 Euro plus 19 % MwSt.