Elternarbeit, Elternbildung, Familienarbeit, Familienbildung

Elternarbeit wird heute verstanden als Erziehungs- und Bildungspartnerschaft zwischen Familie und Kita. Damit bekommt die Kooperation von Eltern und Erzieherinnen eine wichtige Qualität. Bei Kitas, Krippen und Familienzentren handelt es sich familienergänzende und -unterstützende Institutionen für Kinder, die aber auch einen Bildungsauftrag haben. Familienunterstützend und -ergänzend heißt zum einen, dass den Kindern Erfahrungsfelder (z.B. Begegnungen mit Gleichaltrigen) angeboten werden, die sie innerhalb der Familie nicht haben würden. Zum anderen bedeutet es, dass Eltern in diesen Institutionen Hilfe und Rat bei Fragen und Problemen in den Bereichen der kindlichen Erziehung, Sozialisation und Entwicklung erhalten können. Gerade bei stark belasteten Eltern und Ganztagsbetreuung wird die Kita beinahe zur Ersatzfamilie. Die Kinder übernachten quasi nur noch daheim.
Elternarbeit umfasst die Zusammenarbeit der Kita mit den Eltern, zum Wohle des Kindes und zur guten Verzahnung von Organisation und Eltern.

Elternbildung ist normalerweise in Elternbildungs- und Familienbildungsstätten beheimatet.
In der Kita verstehen wir Elternbildung als grundlegende Form der Bildung im Zusammenhang mit erzieherischen Tätigkeiten. Sie weist den Eltern die Aufgaben zu, sich "die elterliche Erziehungsverantwortung bewusst zu machen, Erfahrungen im Umgang mit den eigenen Kindern mittels verlässlicher pädagogischer Kriterien zu beurteilen und die Erziehungskraft der Eltern zu stärken". Elternbildung ist somit eine ganz eigene Form der pädagogischen Erwachsenenbildung, durch die wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über Erziehung vermittelt und eine pädagogisch adäquate Einstellung zum Kind herbeigeführt werden sollen. Es kommt immer öfter zu einem "Eindringen" der Elternbildung in den Bereich der Elternarbeit.

Elternarbeit ist der Fachbegriff für die "Arbeit" mit Eltern (bzw. Familien) als Gegenstück zur "Arbeit" mit Kindern in verschiedenen Institutionen wie Kinderkrippe oder Kita. Eine institutionelle Kindererziehung, die die Eltern nicht mit einbezieht ist wenig erfolgversprechend. Die Kita baut ihre Arbeit auf das Dreiecksverhältnis aus Eltern, Kindern und Mitarbeitern der Einrichtung. Die Zusammenarbeit mit den Eltern ist zum Wohle der Kinder unbedingt notwendig. Und gerade diese Kooperation im Interesse der Kinder unterscheidet Elternarbeit ganz wesentlich von Elternbildung.

Es kann und darf sich bei einer guten Elternarbeit nicht um einen einseitigen Informationsfluss in Richtung Eltern handeln, der von einer pädagogischen oder psychologischen Fachkraft ausgeht. Elternarbeit meint einen gemeinsamen Lernprozess. Eltern und Fachkräfte diskutieren über Ziele und Methoden in der Erziehung ihrer Kinder und versuchen gemeinsam, die Ursachen für bestimmte Probleme und sinnvolle Lösungsmöglichkeiten zu finden. Dabei erkennen Eltern und Fachkräfte immer wieder aufs Neue, dass Erziehung nicht etwas Statisches ist, sondern dass sich Erzieher mit einer Vielzahl wechselnder Einflüsse und ganz konkreter Veränderungen auseinandersetzen müssen. Elternarbeit macht also Netzwerkarbeit erforderlich.

Wenn Elternarbeit Pflichtaufgabe ist, ist es wichtig Bedingungen zu schaffen, unter denen Mitarbeiterinnen der Kita zu einer guten Elternarbeit angeregt werden und ihrer Aufgabe auch wirklich nachkommen können.
Soll Eltern- und auch Familienarbeit erfolgreich sein, so muss sie immer in gesellschaftliche und lokale Lebensbezüge eingebunden werden und Methoden sozialökologisch orientierter psychosozialer Arbeit, der Familienberatung, der sozialpädagogischen Familienhilfe, der allgemeinen Sozialdienste sowie der Gemeinwesen- und Stadtteilarbeit beinhalten.

Die veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse bedingen eine immer größer werdende Hilfebedürftigkeit von Familien. So werden auch die Erwartungen an Eltern- und Familienarbeit als familienunterstützende Maßnahmen immer höher. So ist es ganz besonders wichtig, einen angemessenen Umgang mit dem Lebensalltag zu fördern, das Bildungsgefälle in Gruppen und die "Mehrsprachigkeit innerhalb der eigenen Sprache" zu überwinden, Möglichkeiten des Erfahrungsaustausches zu bieten und eine Solidarisierung bestimmter Gruppen (z.B. Alleinerziehender) zuzulassen.

Elternarbeit als Mitgestaltung sozialer Prozesse, die die Lebensweise des Menschen und die Gestaltung seiner sozialen Beziehungen mit begleiten. Oft mangelt es der Elternarbeit genau an einer konstruktiven, prozesshaften, aktiven Mitarbeit der Eltern und an einer Zusammenarbeit mit ihnen. So kann und muss als ein Ziel der Elternarbeit gesehen werden, dass Eltern durch handlungsbefähigende Lernangebote in der alltäglichen Erziehungspraxis unterstützt werden. Erziehungshandeln muss reflektiertes, begründetes und verantwortbares Handeln sein, wenn es dem Erziehungsauftrag der Erwachsenen, den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Gesamtentwicklung gerecht werden will. Weitere Ziele sind, dass Eltern eine Identität als Erzieher gewinnen. Zugleich soll eine Stabilisierung ihrer Erziehungsfähigkeit angestrebt werden.

Es gilt, Eltern zu realistischen Wahrnehmungen der eigenen Lebenssituation und derjenigen ihrer Kinder zu führen, sowie sie und zunehmend auch die Kinder zu befähigen, "in der familiären Kommunikation die Perspektiven aller Beteiligten als subjektiv echte und überzeugende zuzulassen und Verhaltens- sowie Wertentscheidungen nicht ausschließlich von der eigenen Person her zu fällen".

Eine große Hilfe ist es, wenn es gelingt, eine partnerschaftliche Erzieher-Eltern-Beziehung aufzubauen. Diese Partnerschaft bezieht sich auf die gemeinsame Aufgabe, Kinder in einem bestimmten Lebensabschnitt zu begleiten, zu fördern und zu erziehen.

Ängste. Unkenntnis über geeignete Methoden sowie fehlende Zeit für Vorbereitung und Durchführung werden jedoch häufig als vorherrschende Hinderungsgründe für das "Nichtzustandekommen" einer partnerschaftlichen Elternarbeit seitens der Erzieher genannt. Aber auch Eltern haben Angst, sich auf eine vertrauensvolle, partnerschaftliche und offene Beziehung mit den Erziehern - den sogenannten Fachexperten - einzulassen. Nicht selten kommt es aufgrund dieser unausgesprochenen Ängste zu Kommunikationsstörungen, falschen Einschätzungen und unterschiedlichen Erwartungen. Eltern und Erzieher müssen aber im Austausch miteinander stehen, um sich aktiv für das Wohl der Kinder einsetzen zu können.

Ziele und Formen der Elternarbeit
  • offene Elternarbeit
  • Hausbesuche
  • Familienfreizeiten
  • Elternstammtische
  • Elternwandertage
  • Elternrundbriefe
  • Elternbeirat
  • Elternmitbestimmung
  • Elternmitarbeit u. a
  • Ausflüge
  • Gemeinsam feiern
  • Gemeinsam erleben.
  • Elterngespräch als Kernstück
  • Techniken der Gesprächsführung mit Eltern
  • Tipps für Aufnahme-, Eingewöhnungs-, Entwicklungs-, Beratungs- und Konfliktgespräche
  • Hospitation von Eltern in der Kita
  • Einbindung der Eltern in die pädagogische Arbeit
  • Elternabende
  • Gesprächskreise
  • Elternbildung
  • Weiterentwicklung von Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren
  • Erziehungs- und Bildungspartnerschaft im Besonderen mit Vätern, Eltern unter dreijähriger Kinder, Familien mit Migrationshintergrund und Eltern behinderter Kinder
  • Situations- und Bedarfsanalyse, der Planung, Evaluation und Qualitätssicherung der Elternarbeit.
  • Wünsche und Erwartungen der Eltern an die Kita
  • Wünsche und Erwartungen der Fachkräfte an die Eltern
Im Extrem lassen sich unterscheiden:

Erziehungspartnerschaft zwischen beiden Bereichen: Familie und Kindergarten öffnen sich füreinander, machen ihre Erziehungsvorstellungen transparent und kooperieren zum Wohle der ihnen anvertrauten Kinder. Sie kennen die Bedeutung der jeweils anderen Lebenswelt für das Kind an und teilen die Verantwortung für die Förderung der kindlichen Entwicklung. Das Kind findet hier die besten Entwicklungsbedingungen vor: Es erlebt, dass Familie und Kindergarten an seinem Wohl und aneinander interessiert sind, sich ergänzen und wechselseitig bereichern.
Kindertageseinrichtungen sollten deshalb auf dem Wege einer wechselseitigen Öffnung und des Informationsaustausches zur dialogischen Erziehungspartnerschaft mit den Eltern kommen.

Kindergartenarbeit kann letztlich ohne eine intensive Zusammenarbeit mit Eltern nicht erfolgreich sein, da diese in hohem Maße die kindliche Entwicklung prägen. Nur durch den Austausch von Erfahrungen mit dem Kind und von anderen relevanten Informationen sowie durch die Abstimmung von Erziehungszielen und -praktiken kann es zu einer Kontinuität zwischen öffentlicher und privater Erziehung kommen.

Andere Gründe, die den Dialog mit Eltern und eine Erziehungspartnerschaft sinnvoll erscheinen lassen, sind:
Einerseits sind Kenntnisse über die familiale Lebenswelt der Kinder Voraussetzungen für die Erfüllung der familienergänzenden und -unterstützenden Funktionen der Kindertagesstätte sowie für die pädagogische Arbeit, insbesondere bei einer Orientierung am Situationsansatz.

Ursachen für kindliche Verhaltensauffälligkeiten liegen zumeist in der familiären Situation, können aber auch im Kindergarten oder in anderen Sozialisationsfeldern liegen. Eine Abklärung der Ursachen sowie positive und dauerhafte Verhaltensänderungen können in der Regel nur von Eltern und Erzieherinnen gemeinsam erreicht werden.

Wie Erziehungspartnerschaft entstehen kann

Erziehungspartnerschaft Geduld: Weder Erzieherinnen noch Eltern werden "hurra" schreien und sofort ihr Verhalten ändern, wenn Erziehungspartnerschaft eingefordert wird. Nur in kleinen Schritten kann das Ziel erreicht werden.

Akzeptanz: Eltern und Erzieherinnen müssen die Bedeutung von Familie und Kindergarten für das Kind anerkennen. Beide Seiten leisten eine gute Erziehungsarbeit, wenn auch auf einem unterschiedlichen Reflexionsniveau. So sollten sie die pädagogischen Kompetenzen, das Wissen vom Kind und die Lebenserfahrung der jeweils anderen Seite anerkennen.

Toleranz: Erzieherinnen und Eltern sollten die Werte, Normen, Persönlichkeitscharakteristika, Eigenheiten, Subkulturen usw. der jeweils anderen Seite respektieren. Beide Seiten müssen das Gefühl haben, von der jeweils anderen angenommen zu werden. Das bedeutet auch Zurückhaltung mit kritischen Äußerungen und Verurteilungen. Insbesondere gegenüber sozial schwachen, ausländischen oder "schwierigen" Eltern ist Toleranz nötig.

Vertrauen: Eltern und Erzieherinnen müssen einander vertrauen. Nur aus Vertrauen - eng verknüpft mit "Vertraulichkeit" - wächst die Bereitschaft, sich für die andere Seite zu öffnen, Einblick gewähren zu lassen, auch über Probleme und Sorgen zu sprechen.
Kontaktfreude: Erzieherinnen und Eltern sollten nicht warten, bis die jeweils andere Seite aktiv wird, sondern aufeinander zugehen. Dabei sind Grundformen der Höflichkeit zu beachten.

Dialogbereitschaft: Nur im offenen Gespräch, im Dialog, finden Eltern und Erzieherinnen zueinander, lernen einander kennen und entwickeln Vertrauen zueinander. Beide Seiten müssen einander richtig zuhören - was gar nicht so einfach ist.
Offenheit für Ideen: Erziehungspartnerschaft bedeutet auch, dass man keine festgefügte Meinung hat ("So hat Familienerziehung auszusehen!" "Das ist die einzige richtige Form der Erziehung im Kindergarten!"). Niemand hat immer recht. Vielmehr sollten Eltern und Erzieherinnen immer bereit sein, neue Gedanken, Vorschläge, Gestaltungsmöglichkeiten, kritische Äußerungen usw. anzunehmen und zu reflektieren - was natürlich nicht bedeutet, dass man auch entsprechend handeln muss.

Veränderungsbereitschaft: Erzieherinnen und Eltern sollten in der Lage sein, in der Begegnung miteinander ihre Werte, Einstellungen, Rollenleitbilder und Erziehungsvorstellungen im Hinblick auf Familie bzw. Kindergarten zu überdenken, Selbstkritik zu üben sowie ihr Denken und Handeln zu verändern.

Seminardauer
1 – 3 Fortbildungstage

Referent
Joachim Armbrust

Kosten
Tagessatz bei einem Tag: 800 Euro plus 19 % MwSt.
Tagessatz bei 2-3 Tage: 700 Euro plus 19 % MwSt.