In unserem Körper sind all unsere (Lebens-) Erfahrungen, die wir gemacht haben - und ja, sogar Erfahrungen aus Vorgenerationen abgespeichert. Was bedeutet das konkret? Unser Körper, jede einzelne Zelle, besitzt ein Körpergedächtnis. Es gibt vielerlei körpertherapeutische Methoden, aber auch geistige Heilweisen, die dieses Körperwissen aufschließen können. Gelingt es uns mit diesem vordergründig verborgenen Ort in uns in Berührung zu kommen, erhalten wir authentische Antworten und können noch nicht gelebte Potentiale entschlüsseln. Neben alten Traumatas, sind im Körper auch die noch nicht gelebten Impulse für stimmige Entwicklung vorhanden, wenn sie denn in aufmerksamer Begleitung als Schatz gehoben werden können. Dafür braucht es Wissen, Einfühlung, gute Methoden und eine zugewandte, mitfühlende und wertschätzende Haltung, wie auch theoretischen Hintergrund von Systemtheorie, Bindungstheorie, tiefenpsychologisch fundierter Körperpsychotherapie und Hirnforschung; einen selbsterfahrungs- und praxisbezogenen Erfahrungsraum, um Körperwahrnehmung, Körpererfahrung und Körperausdruck in situativer Passung impuls- und haltgebend in die persönliche Arbeit mit dem Klienten (-System) zu integrieren. Im fließenden Wechsel von Interventionen auf allen Ebenen des Bewusstseins öffnet sich der therapeutische Beziehungsraum zu einem wachen, lebendigen Prozess, der den begleiteten Menschen vitalisiert. Es gibt schließlich keinen Menschen ohne einen Körper: Meine Geschichte manifestiert sich ebenso in meinem Körper wie die Art und Weise, wie ich im Hier und Jetzt Beziehungen gestalte und wie ich über meine Zukunft nachdenke. Ich bin meinen Körper und ohne meinen Körper bin ich nicht. Habe ich meinen Körper verloren, so habe ich mich selbst verloren. Finde ich meinen Körper, so finde ich mich selbst. Jeder Mensch verfügt über Selbstheilungskräfte. Selbstheilung ist sowohl biologisch als auch psychisch immer als Prinzip verfügbar. Die Frage ist, schaffen wir es, dieses Prinzip aufzurufen. Deshalb ist jeder Mensch zunächst einmal für sich selbst die beste Medizin. Der achtsame, intuitive Atem kann dabei der Schlüssel sein, der uns die Tür öffnet. Indem der/die Begleiter/in den Menschen als jemanden sieht, der in jedem Augenblick Beziehungen gestaltet und Beziehungen verändern kann und damit auch alte Muster auflösen kann, lädt er ihn dazu ein sich auf sich selbst in neuer Weise zu beziehen und damit aus einer unerhörten Geschichte eine erhörte Geschichte zu machen. Eine Psychotherapie, die den Menschen in seinen Hoffnungen, Sehnsüchten und Visionen von einer besseren Zukunft sieht und ihn unterstützt eine Zukunftsgestalt nach vorne zu entwerfen, lädt letztlich dazu ein, dass er sich von dieser selbst erweckten Zukunftsgestalt in die Gegenwärtigkeit rufen lässt. Mit jedem kleinsten Schritt hin auf diese Zukunftsgestalt zu, wächst ihm Energie und Reifung, im Sinne von erfülltem Wachstum, zu. Wie gut, wenn dieser Blick auf den Menschen in einer stimmigen Balance zwischen Körper, Geist und Seele stattfindet. Auf dem spirituellen Weg geht es vor allem um Integration, das heißt, durchlässiger zu werden, Blockaden und Fixierungen zu lösen, Verdrängtes anzunehmen, Abspaltungen wieder anzukoppeln, sich der (eigenen) Wirklichkeit zu stellen und Zentrierung zu stärken. Integration braucht eine gute Erdung und eine Verankerung im Hier & Jetzt. Die Entwicklung des Körperspürbewusstseins unterstützt diesen Integrationsprozess. Jede/r kann über das Spüren des eigenen Körpers auch seinem eigenen inneren Wesen näher kommen. Spüren ist wie ein Muskel, der entwickelt werden kann und der mich für meine eigene innere Wirklichkeit öffnet und der uns einen Zugang zu tieferen spirituellen Erfahrungen ermöglicht. Wirkliches Spüren ist ein ganzheitlicher Prozess, in dem die Gefühle einbezogen sind. Ich meine, wenn ich von Achtsamkeit spreche, ein ganzheitliches Spürbewusstsein, keine distanzierte, abgespaltene Haltung, sondern „eine Beobachtung des Körpers subjektiv im Körper seiend“ und „eine Beobachtung der Gefühle aus dem inneren der Gefühle heraus“. Das heißt, man ist gleichzeitig im Körper und in den Gefühlen und man ist gleichzeitig der Körper und die Gefühle. Achtsamkeit schließt Spüren und Fühlen ein – sie ist also eher ein ganzheitliches Spürbewusstsein oder ein spürendes Präsentsein.
Um in der Welt und mit uns selbst einen guten Weg zu finden, brauchen wir einen fühlbaren Grund, der trägt. Wir wollen uns so verankert wissen, dass wir das Gefühl haben, „mit beiden Füßen auf der Erde zu stehen“. Das tun wir dann, wenn wir die Wirklichkeit so sehen wie sie ist, nicht wegschauen, nicht verleugnen, aber auch nicht verteufeln. Annehmen, dass das Leben uns führt und nicht wir mit unserem Willen die Führungs-Hoheit haben, ist eine grundlegend wichtige Ausgangshaltung. Erdung bedeutet in diesem Sinne, mit seinem Wesen verbunden zu sein, anzuerkennen, dass wir ein Teil des universellen Seins sind. Erdung bedeutet also, einen wesensstimmigen Platz in der Welt zu finden, der für uns bestimmt ist. Erdung heißt aber auch, uns innerlich auf der Erde niederzulassen, ihr zu vertrauen, dass sie uns trägt und uns ihr zuzumuten. Erdung bedeutet, die Kraft, die aus der Erde kommt, in uns hineinfließen zu lassen, uns von ihr tragen zu lassen. Erdung meint, uns in uns selbst, in unserem Körper niederzulassen, in unserem Körper zu wohnen. Erdung heißt auch, in der Gegenwart präsent zu sein. Erdung bedeutet, uns den Widersprüchen und Herausforderungen des Lebens auf der Erde zu stellen und nicht (in eine spirituelle Scheinwelt) zu flüchten. Erdung bedeutet, mit der relativen Wirklichkeit, mit unseren Begrenzungen und mit Grenzen, auf die wir stoßen, gesund und reif umgehen zu können. Erdung können wir in und durch unseren Körper entwickeln, indem wir unsere Körperbasis, nämlich unser Becken, unsere Beine und Füße mit unserer Aufmerksamkeit, mit unserem Spürbewusstsein, mit unserer eigenen Präsenz anfüllen, uns in uns selbst in sie niederlassen und immer wieder die Erde unter unseren Füßen spüren. Nur wenn eine gute Erdung und Verankerung im Becken vorhanden ist, kann sich der Bauch als Machtzentrum entspannen und sich das Herz, das oft permanent in Hab-Acht-Stellung und angespannt ist, wenn wir keinen sicheren Ort haben, hingeben und entspannen. Erdung gibt innere Stabilität und Sicherheit und ermöglicht uns, uns niederlassen und entspannen zu können. Gerade, wenn wir einem spirituellen Entwicklungsweg folgen, der uns ruft, ist die Gefahr immer wieder groß, dass die Erdung verloren geht und wir in dieser Welt nicht mehr zurechtkommen. Singen wir also ein Loblied auf den Atem, der die Fähigkeit besitzt, uns Sicherheit zu geben und uns gleichzeitig ermutigt uns auf die Lebens- und Körperprozesse einzulassen, ihnen von innen heraus zu folgen, ein Teil von ihnen zu werden. Je mehr und je tiefer wir unseren Körper spüren können, desto genuss-voller können wir unseren Körper erfahren. Das liegt daran, dass wir dabei ja nicht nur das Gewebe, die Muskeln und die Knochen spüren, sondern auch mehr und mehr die verschiedenen Flüssigkeiten und die feinstofflichen Energien, die unseren Körper durchdringen, sowie die feinen Schwingungen und Rhythmen. Diese zu spüren können Genuss, innere Freude und das Gefühl, ganz bei sich zu sein, hervor-bringen. Konzentration und körperliche Entspannung lösen warme, freundliche Körperempfindungen aus, die bis hin zu Gefühlen von Verzückung gehen können. Denn wenn sich unser Körper für unser Wesen und damit für unser Sein öffnet und dadurch die Türen zum reinen Bewusstsein aufschließt, verstärkt sich die Selbstregulierungsfähigkeit des Körpers und es aktivieren sich unsere „Zellkinder“ und damit unsere Selbstheilungskräfte. Wenn ich meinen Körper wirklich spüre, dann gebe ich meinem Körper meine Aufmerksamkeit und bin in ihm präsent. Wenn ich einem lebenden Wesen meine zugewandte, entspannte Aufmerksamkeit schenke, wirkt sich das in der Regel positiv aus. Wir alle kennen das, wenn uns ein anderer, vertrauter Mensch seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkt und er in diesem Moment nichts Bestimmtes von uns erwartet, sondern uns so annimmt, wie wir gerade sind, ist das sehr angenehm. Dann fühlen wir uns gestärkt, verstanden, entspannt usw. So ist es auch mit unserem Körper: wenn wir ihm unsere ungeteilte Aufmerksamkeit schenken, dann kann er etwas entspannen, etwas loslassen, sich etwas besser selbstorganisieren und regulieren. Dann können die in uns wohnenden Selbstheilungskräfte etwas mehr wirken. Dasselbe gilt auch für unsere Gefühle: Wenn wir ihnen unsere ungeteilte Aufmerksamkeit geben, ohne sie direkt oder subtil zu manipulieren oder zu kontrollieren, können sie ihrer eigenen innewohnenden Bewegung nachgehen und die in uns wohnende Lebenskraft kann auch durch die Gefühle in Richtung Ganzwerdung und Integration wirken. Ursprünglich ist unser Körper mit seinen Sinnen ein gut funktionierender Signalgeber, wenn es um die Wahrnehmung der grundlegendsten Bedürfnisse des Überlebens und Wohlbefindens geht. Viele Menschen haben die Fähigkeit des Körpers, uns zum Glück zu leiten, nicht ganz verloren. Doch die meisten Menschen können sich auf ihre Sinne und die Signale des Körpers nicht mehr verlassen. In der Psychotherapie arbeiten wir an der Verbindung von Geist und Körper. Worte können heilen, können bis in den Körper hinein, ja bis in die Zellen hinein, heilend wirken. Wir fragen uns andauernd, wie kann ein Körper, der aufgrund von Erlebnissen in den Kreislauf von Erstarrung, Anspannung und Schmerz geraten ist, sich in der sicheren Gegenwart wieder einladen lassen, weicher, durchlässiger und beweglicher zu werden? Denn wenn sich innerer Friede einstellt, kann sich auch immer ein Gefühl von Geborgenheit und Aufgehobensein einstellen. Physiologisch würde man von „Umschalten auf das vagale, also das autonome, parasympathische Nervensystem“ sprechen, welches die Tür zu den genialen körpereigenen Selbstheilungsressourcen öffnet. Das erlaubt jedem/r, sich zu regenerieren, wieder sich selbst zu werden, sich selbst wieder gerecht zu werden. Ins Üben mit dem Körper zu gehen, ist wie anzukommen, wie heimzukommen. Das Gefühl von Zerrissenheit, von Mangel und Verlust, löst sich auf. Es fühlt sich erfüllt und wesentlich reicher an, wie noch vor einem Augenblick. Und es stellt sich damit auch ein Gefühl von Sicherheit ein. Der Körper sagt uns dann wieder, wie wir uns wirklich fühlen, deshalb kann unser Körper unser spiritueller Führer sein. Die Wahrheit ist in unserem Körper gespeichert, und obwohl wir in der Lage sind, sie zu verdrängen, können wir sie nie verändern. Unser Verstand kann getäuscht werden, unsere Gefühle können manipuliert und unsere Vorstellungen verwirrt werden, und unser Körper kann mit Medikamenten ausgetrickst werden. Aber eines Tages wird uns unser Körper die Rechnung präsentieren, denn er ist ebenso unbestechlich wie ein Kind, das noch ganz in seiner Seele ist und keine Kompromisse oder Entschuldigungen akzeptiert. Unser Körper wird so lange nicht aufhören, uns zu quälen, bis wir aufhören, vor der Wahrheit zu fliehen. Es gibt einen inneren, heilen Raum in unserem Körper, einen Seelengrund. Beim tiefen Einatmen in den Bauch erweitert sich der Raum nach unten und nach oben: Nach unten, indem sich das Zwerchfell wie ein umgekehrtes Gewölbe nach unten dehnt. – Nach oben, in dem der Brustkorb wie ein Regenschirm aufgespannt wird. So entsteht eine Art heiliger Leibraum der inneren Mitte, die den universellen Atem und die Gegenwärtigkeit desselben aufnimmt und Heimat gibt. In diesem Seins-Zustand spüren wir ein deutliches Durchströmtsein des ganzen Körpers von Lebenskraft, bis in die Finger- und Zehenspitzen hinein. Den eigenen Bedürfnissen auf die Spur zu kommen lohnt sich! Denn nur ein wahrgenommenes Bedürfnis kann auch „gestillt“ werden. Wer weiß heute noch etwas von seiner bedürftigen Seele, die es nach dem Urgrund, nach Wahrhaftigkeit und Wesensnähe dürstet? Unser Atem verbindet uns mit dem großen Atem. Der Atem verbindet uns also mit uns und der Welt, er belebt uns. Lasst uns also einen Raumwechsel über den Körper und den Atem vornehmen: Heraus aus der getakteten, zielgerichteten Zeit, hinein in einen Raum von Zeitlosigkeit, Absichtslosigkeit und Verlangsamung. Heraus aus dem Willen, hinein in die Hellhörigkeit, die „hört“, wo wir hingeführt werden bzw. wohin wir eingeladen werden. Raus aus dem strukturierten Vorgehen, hinein in ein intuitives Geführt Werden.
Wer eine Krise durchsteht, sieht bereits einen Lichtstrahl am Horizont. Oftmals ist das ein Aufbruchsignal, um wieder neue Energie und Bewegungsfreiheit zu erlangen. Dabei kann es helfen, gleichsam einen Blickwinkel aus der eigenen Zukunft einzunehmen und aus der Vision der Überwindung des dunklen Tages auf die momentan schöne Zeit zu schauen. Hoffnung gibt Kraft, tief Luft zu holen, - sich aufzurichten auch. Von der Zukunftsgestalt her gerufen zu werden, führt uns bei jedem Schritt den wir in die eingeladene Richtung gehen, Energie zu. Mit jedem Atemzug kann der gerade vergangene Augenblick neu anfangen, taufrisch. Wir können Schweres wegatmen, wir können in Schweres hinein atmen, frische Luft dazu lassen und alles zusammen mit dem Atem verabschieden. Der Mensch kann sich in jedem Atemzug mit den universellen Kräften verbinden und das ist wahrlich eine spirituelle Ressource. Ohne Sehnsucht gibt es keinen Aufbruch zu einem spirituell-geistlichen Weg. Der Atem kann uns die Wirklichkeit der universellen Liebe erfahrbar machen und wir können darin die Tür zu Vertrauen und Zuversicht finden. Was ist nun das Wichtigste für die Entwicklung eines praktisch wirkenden Selbst-bewusstseins? Es ist die Erweckung, Differenzierung und Artikulierung eines Spürsinns. Dabei handelt es sich um ein feinsinniges Organ, das zuverlässig die Abweichungen von der rechten Innenordnung vernimmt, insbesondere aber für die falsche bzw. richtige Zentrierung des Subjekts empfindsam ist und immer empfindsamer wird. Wir sind also auf die Ausbildung eines Organs zum Spüren der rechten Mitte und dessen, was von ihr abweicht angehalten. Ausdrücken tut sich dieses Organ eben auch über unseren resonanzfähigen und spürfähigen Körper, der uns Signale sendet oder einfach ist, was er ist, in Unordnung, im Lot, in Freude, in vollem Wachbewusstsein oder im sich aufgebenden Fallenlassen. Der Mensch hat einen zweifachen Auftrag. Einerseits geht es darum, die Welt zu gestalten und gleichzeitig im Werk zu reifen auf dem inneren Weg. Psychotherapie als prozessualer Initialraum verstanden hilft die Tür zum Geheimen hin zu öffnen. Das Wort Tiefe bedeutet etwas anders als Intensität: tief ist immer, was den Menschen in seiner ganzen Person betrifft; je mehr sein ganzes Sein betroffen ist, umso tiefer sind seine Empfindungen. Je oberflächlicher Empfindungen sind, desto mehr ist er nur mit einem Teil seiner Selbst beteiligt. Mit der Tiefe der Erfahrung steht das Sein auf dem Spiel. Es fordert den ganzen Menschen und gibt ihm seine wahre Verantwortlichkeit zurück. Texte sind oft Schlüssel zum Zugang des Numinosen. Auch unser Körper kann ein solcher Schlüssel sein. Unser Körper verkörpert, was oder wer wir sind. Der Verstand kann nur entziffern, was der Körper längst erfahren hat. Bevor wir begreifen, erfahren und spüren wir. Durch den Einbezug von Körper und Stimme wird eine physisch-psychische Balance wiederhergestellt, die ganz natürlich ist, weil jeder Mensch sie auf die Welt mitgebracht hat. Das Unbewusste äußert sich über diffuse Gefühle und/oder Körperempfindungen. Es wird z.B. als mulmiges Gefühl im Bauch, als Freude im Herzen, oder als Kloß im Hals wahrgenommen. Das isolierte Nachdenken mit dem Verstand stößt an Grenzen. Sinnhaftigkeit ist etwas ausgesprochen Subjektives und liegt in unserer Persönlichkeit und in unseren Erfahrungen begründet. Unser Körper ist das Gedächtnis unserer Erfahrungen. Das Selbst ist eine Schnittstelle zwischen Körper und Geist. Es benötigt Körpersignale als Wegweiser zur Orientierung in seine unendlichen Weiten und es kann auf Körperprozesse einschließlich der in vielen Körperreaktionen verankerten Emotionen Einfluss nehmen. Selbst und Körper sind miteinander verbunden. Genauso, wie das Selbst die Signale des Körpers zur Orientierung benötigt, kann der Körper wiederum das Selbst aktivieren.
Körperspüren
Das aktiv erweckende Körperspüren ist eine zentrale Qualität, die durch folgende Schritte eingeladen werden kann: Sich Zeit und Raum geben, außerhalb von getakteter und gerichteter Zeit, vielmehr in einem Raum von Eigenrhythmus und Zeitlosigkeit, um wahrzunehmen, wie sich mein Körper von innen her anfühlt, wenn ich quasi sein Pulsieren und Atmen bin. Ich muss dabei nichts tun, außer in wacher Weise da sein und subjektives Spüren zulassen. In einem weiteren Schritt können wir bewusst und kraftvoll tief ein- und ausatmen; um mit dem Einatmen den inneren Körper-Raum noch etwas (aus-) zu weiten. Mit dem Weiten entsteht Spielraum, der uns ermöglicht, verschiedene Seinszustände abspürend zu vergleichen oder noch besser nebeneinander stehen zu lassen und diesen inneren Raum der Möglichkeiten zu spüren und sich in den Ausatem hinein zu entspannen. Durch das kraftvolle Einatmen spüre ich meine eigene Kraft und nehme bewusst wahr, was mich nährt. Ich kann spüren, wie sich mein Körper von innen her anfühlt und welche inneren Räume sich dabei öffnen, welche Möglichkeits- und Spielräume, welche Weite dabei entstehen kann. Nach jeder Sequenz des übenden Atmens lohnt es sich nachzuspüren, wie sich der Körper nun anfühlt, was sich verändert hat, was sich leichter und entspannter anfühlt, was mich in wache Aufmerksamkeit bringt usw.. Wir lernen begreifen, wie wir mit dem Atem in Fühlbewusstsein und Spürbewusstsein nicht nur zu unserem Körper kommen, sondern auch zu den sich vollziehenden Körperprozessen. Je feiner die Ebenen sind und je tiefer die wache Entspannung sich vollzieht, desto mehr gelingt es uns, in Kontakt mit unserem Wesen zu kommen oder besser gesagt, umso leichter und freier schenkt es sich uns, in dem es sich uns offenbart. Die regelmäßige Praxis des prozessualen und intuitiven Atmens kann unser Körperspürbewusstsein enorm stärken. Dabei ist einiges zu beachten: Dass man den Körper wirklich von innen her spürt, so als würde man in ihm spazieren gehen und dass man lernt gleichzeitig den eigenen Atem zu spüren, den man in seinem jeweiligen ganz eigenen Rhythmus frei fließen lässt, so dass Atem, Aufmerksamkeit und Spürbewusstsein sich verbinden können. Körper und Geist stehen in engster Wechselwirkung miteinander. Dabei können wir unseren Körper als Spiegel und Seismograf für unsere seelischen Prozesse verstehen. Darüber hinaus können wir den Körper im wahrsten Sinne des Wortes als Basis für unseren psycho-spirituellen Weg mit seinen Prozessen der Ent-Identifikation, Auflösung und Zentrierung begreifen. Schließlich können wir uns im Praktizieren der wachen Aufmerksamkeit und der gegenwärtigen Präsenz voll und ganz in ihm niederlassen und über das ganzheitliche Körperspürbewusstsein in Kontakt kommen mit dem umfassenden, reinen Gewahrsein, das alles Existierende durchdringt und doch unabhängig von ihm ist.
Wir leben in einem säkularen Zeitalter. Werte und Leitbilder werden heute im öffentlichen Raum primär rational und ökonomisch begründet. Eine religiöse Grundhaltung oder die aus dem eigenen Inneren aufsteigende Spiritualität können allerdings zwei elementare menschliche Bedürfnisse befriedigen, auf die eine säkulare Gesellschaft keine Antwort weiß: Wie können wir trotz unserer tief verwurzelten egoistischen und gewalttätigen Impulse harmonisch in Gemeinschaften und herzverbunden zusammen leben? Und wie können wir unserer Endlichkeit, dem ungerechten Leiden und dem Schmerz standhalten, ohne zu verzweifeln?
Für eine größer werdende Gruppe von Menschen werden religiöse oder spirituelle Sinndeutungen - oftmals nicht konfessionell gebunden - gerade heute in allen Lebensbereichen immer relevanter. Dieser Anteil ist in den letzten Jahren angestiegen und wird noch weiter wachsen. In Bezug auf psychologische Beratung und Therapie sind unterschiedliche Auffassungen bedeutsam. Je nach Rollenverständnis arbeitet die gleiche Berufsgruppe– trotz mancher Gemeinsamkeiten – in ganz verschiedenen Kontexten, weil sich ihre Voraussetzungen, Bedingungen und Absichten in vielerlei Hinsicht unterscheiden. Als „Sinnkonstruktivismus“ bezeichnen sie die Strategie von säkularen Menschen, die sich keiner höheren Macht verpflichtet fühlen. Angesichts des Tragischen und Absurden im Leben seien sie vor die Notwendigkeit gestellt, in existenziellen Krisen selber einen persönlichen Sinn zu entwickeln, d. h. zu konstruieren. Als „Sinnobjektivismus“ bezeichnen sie die Strategie von religiösen Menschen, die sich einer „höheren Macht“ verpflichtet fühlen, also „religiös bzw. spirituell“ sind. Diese Menschen verfügen in der Regel über einen persönlichen Interpretationsrahmen bzw. entsprechende spirituelle Tiefenerfahrungen die die existenzielle Krisenbewältigung erleichtern.
Psychotherapeuten/innen, die Menschen in Sinnkrisen helfen möchten, benötigen im Hinblick auf das benannte Thema besondere Qualitäten: „Reflektierte Zurückhaltung“: Der Therapeut muss seine eigenen Werte und weltanschaulichen Perspektiven so gut kennen, dass diese ihm bei der Begegnung mit einem von ihm begleiteten Menschen nicht (mehr oder weniger subtil) in die Quere kommen. Der Therapeut sollte dabei aktiv hilfreich sein, den Klienten bei seiner Suche nach einem sinnstiftenden und lebbaren Weltbild im Allgemeinen und tragfähigen Werten im Besonderen zu unterstützen. Viele Menschen sind auf der Suche nach einem „ultimativen Retter“ – einer Instanz, die „höher“ oder „weiser“ ist als sie selbst, um Geborgenheit und Schutz bei ihm/ihr zu finden. Hier ist es wichtig, offen und fest zur eigenen Begrenztheit zu stehen und keine Illusionen zu wecken. So kann dem ratsuchenden Menschen verdeutlicht werden, was ihn beim Therapeuten erwartet – nämlich ein tabu- und Doktrin- freier „Forschungsraum“ zur inneren Auseinandersetzung mit der Sinnfrage. Ausgehend von dieser Grundhaltung kann die eigentliche Arbeit beginnen: „Welche Weltanschauung hat der begleitete Mensch? Ist er gläubig/religiös/spirituell oder nicht? Schöpft er aus eigener, erlebter Glaubenserfahrung? Gibt es Tätigkeiten, Erlebnisse oder irgendetwas anderes, das von sich aus von ihm als wertvoll oder sinnvoll erlebt wird?“ Um die Bewältigung von Sinnkrisen, besser unterstützen zu können, braucht es eines Dritten, was sich aus der Begegnung heraus eröffnet und leuchtend den Weg zeigt. Die Postmoderne ist geprägt von einer Vielfalt an unterschiedlichen Lebensentwürfen und konkurrierenden Sinndeutungen, die auch für Psychotherapeuten neue Herausforderungen birgt. Wie gehe ich mit fremden Glaubensüberzeugungen um? Woran erkenne ich, ob sie eher heilsam-stabilisierend oder krank-machend-destruktiv sind? Kann ich das überhaupt so einfach erkennen?
Im Fokus meiner Praxis steht die psychotherapeutische Begleitung von Menschen in Krisen, mit Depressionen, mit Angst-und Persönlichkeitsstörungen, mit Stresserkrankungen, bei emotionaler Instabilität, Selbstwertthemen, Sinnfragen und Grenzerfahrungen. In meinem Sinne bedeutet Spiritualität hierbei in der Therapie und Beratung ein übergeordneter, positiver, integrativer und dogmenfreier Prozess aus Denken, Fühlen und Sein mit dem Ziel, dem Sein in uns selbst näherzukommen, das er/sie, neben der persönlichen Ebene, in der Tiefe erfährt. Mein Ziel ist es, den Menschen in seiner Gesamtheit einschließlich seiner spirituellen Dimension zu begreifen und zu begleiten, um ihm/ihr dabei zu helfen, unser wahres Menschsein in allen Dimensionen für unser individuelles Leben zu erschließen. Im Fokus einer alltagsrelevanten, erfahrungsbasierten Spiritualität steht kein Glaubenssystem, sondern vielmehr eine in jedem Mensch angelegte Erfahrungs-und Bewusstseinsmöglichkeit. Dabei muss betont werden, dass das Ziel der Spiritualität innerhalb des therapeutischen oder beratenden Rahmens nicht identisch ist mit der, in der Spiritualität vorrangig angestrebten Auflösung der Ich-Persönlichkeit im Sinne eines sogenannten „Erwachens“, sondern in einer positiven Ich-Stabilisierung und Flexibilisierung der Ich-Persönlichkeit durch die erfahrbare Seinsebene liegt. Diese Seinsebene wird im Menschen als still, friedlich, liebend, mitfühlend, frei, freudvoll, sinnhaft, angstfrei und oftmals als lichtvoll wahrgenommen. Wann immer der Mensch diese Ebene betritt, fühlt er sich angenommen, lebendig und kohärent. Er erhält Inspiration und Energie, sich dem Alltag mit seinen Problemen zu stellen. Diese Ebene stellt die innere Grundlage dar, für seelisch wirksame Tugenden wie Dankbarkeit, Verbundenheit, Weisheit, Mitgefühl, Empathie, Güte, Hingabe, Demut, Selbstwirksamkeit, Großzügigkeit, Wertschätzung, Vergebung und Friedfertigkeit. Spiritualität beschreibt somit eine individuelle Erfahrung, die jedoch zu einer objektiven Verhaltensänderung und sogar zu einer positiv veränderten Biologie des Menschen führen kann. In der Spiritualität macht der Mensch die Erfahrung, dass er weit mehr ist als seine biologische und kognitive Existenz. In dieser Erfahrung kann er sich zutiefst verankern und Mut, Hoffnung und Kraft zur Lösung seiner Probleme, oder besser, seiner Aufgaben finden. In dieser Erfahrung erfährt sich der Mensch über seine individuell konditionierte Persönlichkeit hinaus und kann sich als ein Teil eines umfassenden geistigen Feldes wahrnehmen und im besten Falle Lösungen in erweiterten Bewusstseinsebenen finden. Es ist ebenso die Erfahrung von Klarheit, Weisheit und einer bedingungslosen Liebe, die ihm zuteilwerden kann. Spiritualität in diesem Sinn ist somit unter anderem die Fähigkeit eine größere umfassendere Perspektive als die der geläufigen Persönlichkeit einzunehmen und somit das Wahrnehmungsfeld des Ich-Bewusstseins zu erweitern. Erfahrbar wird Spiritualität als Verbundenheit mit sich selbst, mit der sozialen Umwelt, mit dem Ganzen und darüber hinaus als grenzenlose Liebe. Spiritualität entsteht im Gewahrwerden des Augenblicks und führt zu vermehrter Intuition, gesteigerter Kreativität, erhöhter Achtsamkeit, sowie in eine Offenheit und in ein Vertrauen dem Leben und allem Lebendigen gegenüber.
Meine Arbeit basiert auf der Grundannahme, dass der versperrte Zugang zu diesem ureigenen Sein eine der Hauptursachen für psychisches Leiden und Konflikte darstellt und deshalb handelt es sich um einen Ansatz, der davon ausgeht, dass wer diesen Zugang nicht parallel zum therapeutischen Prozess im Fokus hat, die individuellen Probleme nicht nachhaltig lösen kann. Aufgrund schmerzhafter Erfahrungen in der Vergangenheit, aber auch aus Unkenntnis der tieferen Wirklichkeit, wird das ursprüngliche Sein von begrenzenden Gedanken, Handlungen und Gefühlen überlagert und in seinem freien Ausdruck gehemmt. Der Zugang zum ursprünglichen Sein als Quelle für Entwicklung, Weisheit und letztlich Heilung bleibt weitgehend versperrt, und die Persönlichkeit muss im begrenzten Rahmen nach Lösungen suchen. Der konfliktbehafteten Persönlichkeit mit ihren destruktiven Gedanken-, Handlungs-und Gefühlsfeldern zu helfen, die Persönlichkeit in einem stimmigen Kontext zu stabilisieren, ist eine der Hauptaufgaben der Psychotherapie. Hierbei besteht das Ziel darin, dass der Klient ein Bewusstsein für und einen Zugang zu seinen begrenzenden Impulsen entwickelt und neue Handlungsoptionen erprobt. Eine der stärksten und häufigsten Ängste im Menschen, neben der Angst vor dem Tod, ist die Angst, nicht liebenswert. nicht gut genug zu sein und infolgedessen Verlust, Bestrafung oder Trennung zu erfahren.
In dem Versuch eine Lösung zu finden, wird oftmals die Quelle des Seins übersehen. Blind für sein eigenes inneres Wesen, kreist der Mensch verzweifelt um sich selbst und verliert gerade dadurch sich selbst und die Offenheit für die Seinsebene, die Linderung und Heilung schenken kann. In der Erfahrung der Spiritualität, dass Liebe die wahre Natur des eigenen Seins und der Welt ist, oder wie Teilhard de Chardin, der Jesuit und Wissenschaftler, sagte: „Liebe ist die materielle Struktur des Universums“, kann der Mensch, neben den Interventionen der klassischen Psychotherapie, auf Ressourcen innerhalb seines Seins zurückgreifen. Erst durch die tiefere Erfahrung des Angenommen seins und der Liebe ist der Mensch in der Lage sich der ganzen Wahrheit seines eigenen Lebens zu stellen und dem begrenzenden Schatten innerhalb der eigenen Persönlichkeit zu begegnen. In der Erfahrung von Liebe, kann das eigene Leben wahrhafter gewagt werden, ohne die lähmende Angst vor Trennung, Fehlern oder Schuld. Genau hier setzt auf Klienten-Ebene und in der Beratung mein Verständnis von „Spiritualität in der Therapie“ an.
Durch eine Vielzahl von Interventionen und Übungen wird der Mensch in die verschiedenen Bewusstseinsräume geleitet, in denen er selbst unverstellt die verschiedenen Aspekte des Seins explorieren kann. Dabei steht im Fokus von Einzel-und Gruppenprozessen, das Initiieren und Einüben der Erfahrung von Verbundenheit, Liebe, Mitgefühl, Hingabe, Dankbarkeit, Güte, Demut, Großzügigkeit, Vergebung und Friedfertigkeit. Aus diesem inneren Raum können Probleme oft in einem größeren Bezugsrahmen gelöst und innerer Stress reduziert werden.
Der andere entscheidende Aspekt von „Spiritualität in der Therapie“ bezieht sich auf die Ebene des Therapeuten selbst. Je mehr der Therapeut selbst in der Lage ist, heilende innere Räume zu betreten, diese zu modulieren und bei Bedarf zu verstärken, desto mehr kann er diese Räume im Klienten selbst öffnen helfen, bzw. für diesen in seiner Person eine Einladung „aussprechen“. So wie wir uns neben einer unruhigen Person unruhig fühlen, so können wir uns neben einer friedlichen Person friedvoller fühlen. Dabei kommt es zu einer Überlagerung von heilsamen Bewusstseinsfeldern, die ermöglichen, das Feld des Klienten zu stabilisieren und ihn zu neuen heilenden Erfahrungen zu befähigen.
Des Weiteren hält der in der Liebe verankerte Therapeut den größeren Bezugsrahmen für den Klienten und reduziert ihn nicht auf sein momentanes persönliches Leid. Allein dieser größere Bezugsrahmen, in dem ein Therapeut tätig ist, erzeugt zutiefst heilende Qualitäten und bietet dem Klienten eine energetische Orientierung. Der Therapeut ist also, neben seiner fachlichen Kompetenz und seinen Interventionen, im Idealfall ein Mensch, der sein Gegenüber so lange im übertragenen Sinne authentisch lieben kann, bis der Klient selbst in der Lage ist, sich an seine eigene Liebe zu erinnern und diese in ihm die Führung übernimmt. Oder anderes gesagt: Den Geist zu dem innersten Selbst hinzuführen, wo Wunder möglich werden und die blockierende Angst nicht überleben kann, ist die Aufgabe eines Therapeuten, der neben seinem Fachwissen auch in spirituellen Bewusstseinsfeldern verankert ist.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass Herzens-und Bewusstseinsqualitäten eminent unterschätzte Wirkungsfaktoren in Therapie und Beratung sind. Unser Bewusstseinsfeld, das Feld, in dem der Therapeut oder jeder Einzelne agiert, ist maßgeblich für das innere Empfinden und den Heilvorgang mitverantwortlich und somit zutiefst zukunftsgestaltend.
Nur in der Stille, im Zustand des entspannten Seins, können Sie lernen Ihrer inneren Stimme zu folgen. Erst im Einklang mit einer großen Kraft, die uns alle umgibt, entstehen großartige Veränderungen und Impulse, die dann von der inneren Quelle des Menschen kommen können. Persönliches und universelles Herz werden hier eins. Liebe ist auf diesem Weg das vollkommenste Hilfsmittel, sie ist gelebtes Interesse, Sinn, die stärkste Verteidigung und die einzige Sicherheit. Liebe ist letztendlich die einzige Autorität, der es sich lohnt zu folgen. Liebe ist die Basis, auf der wir alle stehen. Zu dieser Liebe sind wir eingeladen uns wieder hin zu entwickeln. Aus meiner persönlichen Sicht und in meiner Welt gilt immer noch „Das Heilende ist die Liebe von Seele zu Seele, von Mensch zu Mensch.“
In diesem Sinne ist es erforderlich, unser Bewusstsein zu schulen und tiefere Ebenen unseres Menschseins zu erschließen. Es bedarf einer Rückkehr des Menschen zu sich selbst, einer Rückkehr zum Sinn, eine Verbundenheit mit dem Leben. Es bedarf einer alltagstauglichen Seelenkompetenz und Anbindung an die in jedem Menschen angelegte Spiritualität. Verbunden mit dem Wunsch, dem Menschen in der Begegnung das Wissen einer nachhaltigen Seelenkompetenz zu eröffnen, und ihn darin zu unterstützen, seine ganz eigene, persönliche, ganzheitliche, umfassende Persönlichkeits-und Bewusstseinsentwicklung als Aufgabe zu bejahen, und aus einer erweiterten Wahrnehmungskompetenz sowie der Entfaltung von tragfähigen Herzens- und Bewusstseinsqualitäten im Sinne einer erfahrbaren Spiritualität zu schöpfen.
Ich unterstütze Menschen auf Ihrem Weg, in Ihrer Persönlichkeitsentwicklung und eben auch bei der Findung einer alltagstauglichen für sie selbst hilfreichen, selbst entwickelten Spiritualität, sowie bei der Entwicklung von tragenden Herzens-und Bewusstseinsqualitäten. Ich sehe es als meine Aufgabe an, gerade auch non-verbale Energieaspekte und deren Einfluss auf unser Leben zu beleuchten, sowie Menschen bei der Entwicklung von emotionaler und spiritueller Intelligenz zu begleiten. Dabei spielt unter anderem auch die klare und strukturierte Darstellung von neurobiolo-gischen, verhaltenserlernten, energetischen und körperorientierten Zusammen-hängen eine wichtige Rolle für mich. Außerdem sind mir in meiner Arbeit die Verbin-dung von Wissenschaft und Spiritualität, und die Dialektik von Selbstverantwortung und der Erfahrung von Gnade wesentlich. Ich bin der festen Überzeugung: „Wir sind alle dazu bestimmt zu leuchten“, wie es Marianne Williamson einmal sagte. Das Schaubild von Otto Scharmer beschreibt den Prozess in wunderbarer Weise, den wir durchlaufen, um dieses Leuchten aus uns heraus oder gemeinsam in der Gruppe zu erwecken. Der Gang in die Tiefe wird von uns dabei immer auch als Risiko und Abenteuer, ja als Selbstveräußerung erlebt.
Artikel in der Winterausgabe 2021 von Naturscheck - Das Magazin für ein neues, ökologisches Bewusstsein - zum Thema „Psychotherapie und Spiritualität“ oder anders ausgedrückt: „Liebe ist die materielle Struktur des Universums“
Vordergründig leben und arbeiten Erzieherinnen tagtäglich miteinander. Es spielen sich bestimmte Abläufe und Umgangsformen ein, hilfreiche und weniger hilfreiche. Manchmal herrscht auch Sprachlosigkeit und Handlungsunfähigkeit. Über die Abläufe, die für alle gut funktionieren wird selten gesprochen und auch selten reflektiert. Ich finde, gerade sie sollten jedoch unter die Lupe genommen werden. Denn dort wo es gut läuft, können wir viel darüber erfahren, wie wir uns unsere Arbeit und unsere Arbeitsabläufe einrichten müssen, damit es uns gut geht, damit sie Spaß machen und auch noch qualitativ hochwertig sein können.
Stellen Sie sich jetzt einen ganz normalen Tag im Alltag Ihrer Kita vor:
Maryna sitzt in der Ecke und weint. Sie wird von ihren Freundinnen beschimpft. Noch ist unklar, was der Auslöser dafür war. Sie wissen genau, das wird wieder Gespräche mit Marynas Mutter brauchen, damit diese sich wieder beruhigen kann. Ihre Kollegin Caroline kommt bei den Kindern einfach besser an, sie nimmt es aber auch mit den Regeln nicht so genau und hat deshalb bei den Kindern ein Stein im Brett. Sie sind eifersüchtig. Kollegin Magda, ist dieses Jahr schon zum fünften Mal krank und lässt sie im Stich, so ganz allmählich können sie das nicht mehr neutral sehen und nehmen es persönlich. Im Team gibt es in der letzten Zeit immer wieder eine Grundstimmung, die nicht gerade Arbeitsfreude auslöst. Obwohl Sie deutlich formuliert haben, dass Sie nicht in die Igelgruppe wollen, wird genau das von Ihnen verlangt. Es scheint niemanden anderen dafür zu geben. Auf keinen Fall wollten Sie für Leon die Bezugsbetreuerin sein, jetzt fällt doch ausgerechnet Ihnen die Aufgabe zu. Mit Kollegin Maike gibt es in der letzten Zeit ständig Missverständnisse und kleinere Querelen, Sie fühlen sich offensichtlich beide vom Anderen nicht mehr verstanden.
Es kommt also alltäglich zu Konflikten aufgrund unterschiedlicher Bedürfnisse, Interessen, Haltungen oder Motivationen.
Hier einige auf den Kern reduzierte Beispiele: Jemand verweigert Mitarbeit oder Unterstützung. Die Anweisungen der Leitung werden als nicht zumutbar erlebt. Die wirtschaftlichen Bedingungen der Einrichtung, aber auch Qualitätssicherungssysteme haben die Arbeitsbedingungen stark verändert. Davon fühlen sich einzelne Mitarbeiterinnen belastet, von Anderen werden diese Veränderungen durchaus begrüßt. Aber auch: Jemand kann sich kein Gehör verschaffen, fühlt sich klein und erniedrigt, weil er ständig unterbrochen wird. Eine der Kolleginnen hat private Probleme, die in die Arbeit hineinschwappen. Mehrere Kolleginnen bewerben sich auf die frei gewordene Leitungsstelle, wobei die jeweils anderen als weniger qualifiziert eingeschätzt werden.
Meinungsbildung findet im Alltag zu verschiedenen Anlässen statt:
bei Handlungsbedarf, bei Problemkonstellationen, für die es noch keine Haltung gibt, in Gefährdungssituationen, in der Diskussion unterschiedlicher Handlungsalternativen,
bei Auseinandersetzungen zu inhaltlichen Fragestellungen, bei Planungsprozessen, bei Neuorientierung im Zusammenhang mit Wertebildungsprozessen. Dabei sollte frau wissen: Meinungen bilden nicht nur Sachinhalte ab, sondern sind in der Regel auch emotional gefärbt. Diese Vermischung macht es oft schwer, sach- und zielorientiert zu diskutieren und zu entscheiden.
Lassen Sie uns vergegenwärtigen, dass Konflikte zunächst nichts Schlimmes sind. Sie laden uns ein, aufmerksam zu werden, genauer hinzuschauen und die Chance zur Veränderung und Weiterentwicklung zu nutzen. Denn:
Meist kreieren sich um ein Problem verschiedene Sichtweisen. Deshalb lohnt es sich immer folgenden Fragen nachzugehen:
Wer ist an dem Problem beteiligt?
Wer leidet an dem Problem?
Wer kann und will zur Lösung des Problems beitragen?
Wer hat etwas davon, dass es dieses Problem gibt?
Was bewirkt das Problem im Team?
Wie kann aus dem Problem eine zu bewältigende Aufgabe werden?
Konfliktverläufe
Schalten Sie auf Zeitlupe und nehmen Sie sich ein Vergrößerungsglas zur Hand, wenn sie aus einem sich wiederholenden Konfliktverlauf ausbrechen wollen. Versuchen Sie, den Konflikt zu beobachten: Was war direkt vorher? Schauen Sie auf die Eigenschaften der Streitpartner/Beziehung der Streitpartner. Wie beginnt der Streit? Worum geht’s es? Wie zeigt sich das im Verlauf des Streites? Wer schaut dem Streit zu? Wer greift ein? Wie endet der Streit? Was geschieht dann? Wie fühlen sich die Streitparteien danach?
Einen Konflikt beobachten
Unsere Erfahrung in der Arbeit mit Teams zeigt uns immer wieder, dass notwendige Klärungsprozesse emotional „verklumpen“, d.h. uns persönlich so ergreifen, dass wir nicht mehr differenziert fühlen und denken können, sondern uns von einer mächtigen Gesamtbetroffenheit überfahren oder gefangen genommen fühlen, die uns handlungs- und gestaltungsunfähig machen kann. Es braucht dann einen geschützten Raum, in dem persönliche Betroffenheit und unterschiedliche Sichtweisen nicht nur erlaubt sind, sondern vertrauensvoll eigeladen werden, sich zu zeigen. Das geht nur ohne Druck und mit mindestens vorläufig zurückgenommenen Erwartungen an die Anderen. In einem solchen Raum kann ein Team sich gegenseitig darin unterstützen, das individuelle Spürbewusstsein in bzw. zu einer Sache zu verfeinern und auszudifferenzieren. Je feiner wir in unserer Wahrnehmung Prozesse und Konflikte erfassen, desto eher gewinnen wir unsere Gestaltungsfähigkeit zurück und es eröffnen sich neue Bedeutungsgebungen und Strukturen, die sich als Lösung anbieten und gemeinschaftlich getragen sind. Bei weitreichenden Entscheidungen ist es wichtig, den Entscheidungsraum so großräumig anzulegen, dass das Team und der Träger genügend Zeit und ausreichend viele Optionen haben, um zu tragfähigen Ergebnissen zu kommen. Die Unterschiedlichkeiten im Wesen, in den Handlungsmustern, in der Art, Welt wahrzunehmen oder in den vorhandenen Handlungs- und Reaktionsmustern berühren sich entweder konfliktträchtig oder befruchtend. Bewusstsein über diese mitgebrachten Schätze und Zumutungen zu haben, hilft, diese Unterschiedlichkeiten als Ressourcen zu nutzen. Deshalb ist es immer sinnvoll das Teamgeschehen, die Teamprozesse, die sich entwickelnden Rollen und die subjektiven Befindlichkeiten einzelner Mitarbeiterinnen für sich zu reflektieren. Im Folgenden habe ich Ihnen einige fokussierende Hilfsfragen bzw. -überlegungen dafür exemplarisch zusammengestellt.
Beispiele für Beobachtungen in der Gruppe:
Es gab viel Wärme und Freundlichkeit. Es gab viel destruktiv-aggressives Verhalten. Die Teammitglieder waren uninteressiert und nicht beteiligt. Einzelne Teammitglieder versuchten zu dominieren und die Leitung zu übernehmen. Wir verstanden uns ausgezeichnet. Wir hatten Hilfe nötig. Ein großer Teil unserer Unterhaltungen war irrelevant. Wir waren vollkommen aufgabenorientiert. Die Teammitglieder waren sehr höflich untereinander. Es gab viel grundlegenden Ärger. Wir arbeiteten an unseren Verfahrensfragen. Wir diskutierten sachliche Differenzen.
Beispiele für Selbstbeobachtungen:
Zu einigen war ich freundlich und herzlich. Ich habe mich kaum beteiligt. Ich habe mich auf die Arbeit konzentriert. Ich habe immer wieder die gleiche Kollegin unter Beschuss genommen, habe versucht sie lächerlich zu machen und ihren Worten Bedeutung zu nehmen. Ich wurde von vielen angegriffen. Ich übernahm immer wieder die Führung.
Beispiele für Lebenshaltungen, die uns möglicherweise geprägt haben oder immer noch prägen, hier in Sprichwörtern ausgedrückt:
Ich lebe nicht, um zu arbeiten, sondern ich arbeite, um zu leben! Arbeit adelt, ich bleibe bürgerlich! Müßiggang zur rechten Zeit, vermeidet oftmals Zank und Streit! Abwarten und Tee trinken. Blinder Eifer schadet nur! Edel sei der Mensch hilfreich und gut! Kleider machen Leute! Wie man's macht, macht man's falsch! Ohne Fleiß kein Preis! Von nichts kommt nichts! Müßiggang ist aller Laster Anfang! Glück hat auf die Dauer nur der Tüchtige! Des Lebens Kampf ist des Lebens Elixier! Arbeit macht das Leben süß! Erst die Arbeit, dann das Vergnügen! Als weitere kleine Einladung zur Selbstreflexion möchten ich Ihnen einige Fragen zur Selbstklärung anbieten. Sie stärken den Blick auf sich selbst und die eigene Rolle und führen im besten Falle in einen inneren Raum des Innehaltens und des Zu-Sich- Selbst-Kommens. Nehmen Sie sich richtig viel Zeit dafür, schaffen Sie den inneren Raum um die Fragen auf sich wirken zu lassen und kehren Sie zu Fragen, zu denen Ihnen nichts einfällt, immer mal wieder zurück.
Meine Impulsfragen:
Was macht mir Freude bei der Arbeit? Was macht mich zufrieden bei der Arbeit? Wann bin ich ausgeglichen in der Arbeit? Was empfinde ich als besonders sinnvoll in meiner Arbeit? Was belastet mich? Worunter leide ich? Was lässt mich ruhig und entspannt sein? Was lähmt mich bei der Arbeit oder in den Arbeitsbeziehungen? Was hemmt mich so zu sein, wie ich bin? Was ist es, was mich an meiner Entwicklung hindert? Was macht mich wütend? Was nervt mich regelmäßig? Womit komme ich überhaupt nicht zurecht? Wodurch fühle ich mich überfordert? Will ich grundsätzlich lieber meine Ruhe haben? Bin ich kritisch und wachsam - und wenn ja, in welchen Situationen und bei welchen Themen? Gebe ich mich mit den vorhandenen Gegebenheiten zufrieden oder ist das nur in bestimmten Situationen und Zusammenhängen der Fall und wenn ja, in welchen? Wann bin ich aktiv und neugierig, gibt es Situationen, in denen mir eine abwartende passive Haltung lieber ist? Lasse ich mich wirklich mit meinen Gefühlen und Gedanken, mit meiner ganzen Person auf die Arbeit ein oder lasse ich Bereiche von mir außen vor und warum? Bestimmen persönliche Befindlichkeiten meine Arbeit? Gibt es Situationen, auf die ich mich nur halbherzig einlasse? Beziehe ich wirklich Stellung, habe ich klare Standpunkte und kann ich diese fachlich begründen? Was bringt mich am schnellsten aus der Fassung? Was ärgert mich an mir selbst am meisten? In welcher Situation habe ich zuletzt im beruflichen Zusammenhang gelogen? Welche Ziele strebe ich in meinem Beruf an? Welche Ziele strebe ich in meinem Privatleben an? Wo liegen meine besonderen Fähigkeiten? Bin ich fähig, meine Gefühle anderen gegenüber offen zu äußern? Welche Gefühle kann ich bei mir am Schwersten beherrschen? Habe ich Minderwertigkeitsgefühle gegenüber meinen Kolleginnen? Was ärgert mich bei meinen Kolleginnen am meisten? Was denke ich über Kollegin X? Rede ich über andere Kolleginnen Dinge hinter ihrem Rücken, die ich mit ihnen nicht besprochen habe?
Wie kann die Kommunikation, wie können die Beziehungen im Team, zwischen Personen oder zwischen Gruppen verbessert oder gefördert werden? Teamentwicklungsprozesse können das Arbeitsvermögen einer Gruppe verbessern. Hierfür ist es immer wieder auch hilfreich, sich Referentinnen von außen zu holen. Dabei sind die Gründe für Teamentwicklungsmaßnahmen so vielfältig wie die Methoden zu deren Umsetzung. Je nach Aufgabenstellung bieten sich unterschiedliche Inhalte, Konzepte und Schwerpunkte bei der Durchführung an. Aus diesem Grund ist es wichtig, die zu behandelnden Themen genau auf die Gruppe der Teilnehmerinnen und ihre Situation und Bedarfe hin abzustimmen. Ganz gleich jedoch, wie die konkrete Umsetzung einer Teamentwicklungsmaßnahme aussieht, stehen zwei Ziele immer im Vordergrund:
Die Effizienz und Effektivität, die qualitative Verdichtung der internen und externen Kommunikation des Teams soll gesteigert werden. Konflikte und Reibungen innerhalb der Gruppe sollen verringert werden und die kreative und innovative Zusammenarbeit soll verbessert werden. Die Leistungen des Teams und damit die kommunikative Qualität der Einrichtung sollen sich letztendlich erhöhen. Die einzelnen Teammitglieder sind im besten Fall mit ihrer Rolle und Aufgabe im Team am Ende eines solchen Entwicklungsprozesses zufriedener und ziehen für sich stärkere Motivation aus ihren Aufgaben im Team.
15. Februar 2021 / Joachim Armbrust / Kita-Leitung
Im Alltag einer Kita gibt es jeden Tag aus dem Augenblick heraus vielerlei Entscheidungen zu treffen und in direktes Handeln zu übersetzen. Der Schlüssel zu den Entscheidungen, die eine Erzieherin trifft, liegt in ihrem Selbstverständnis. Das gründet darauf, wie sie sich selbst sieht, wie sie sich versteht, wer sie glaubt zu sein und wie sie von sich selbst denkt. Ihre Identität und ihre Werte sind ihr grundlegende Motivation für ihr Handeln. Gleichzeitig bewegt sich die Erzieherin in einem Feld von Kolleginnen, die ebenfalls ihre Schlüsse ziehen. Voraussetzung für ein gutes Miteinander ist hier die Bereitschaft, sich von den Haltungen der Kollegin/der Kolleginnen erreichen und berühren zu lassen. Nur in der gegenseitigen Bereitschaft, sich im Miteinander verwandeln zu lassen, können Konflikte immer wieder bewältigt und gemanagt werden. Das wiederum ist für das Team einer Kita sehr wichtig. Schließlich bewegen sich Erzieherinnen jeden Tag in unterschiedlichsten Erprobungsfeldern, in denen es darum geht, aus auftauchenden Problemen Aufgaben zu machen, die zu bewältigen sind. Das Hauptbelastungsfeld von Erzieherinnen liegt aber vor allen Dingen in der Art, wie eine Erzieherin von ihrer Umgebung gebraucht und gefordert wird. Denn die Erzieherin verkörpert und schafft in der Art, wie sie als Person auftritt, den Rahmen der Kindertageseinrichtung, in der sie tätig ist: Begegnet sie den Menschen offen, interessiert, nimmt sie sich Zeit für wichtige Gespräche, ist sie in der Wahrnehmung für die einzelnen Kinder, dann wirkt sich das auf die Gesamtatmosphäre aus. Ob sie ruhig wirkt oder gehetzt, keine Linie hat oder bei allem, was sie tut, für sich einen roten Faden verfolgt, spielt eine entscheidende Rolle. Sie ist eine öffentliche Person. Sie steht mit ihrer Person für Werte, Haltungen, für Umgangsformen und auch für die Art und Weise, wie mit Konflikten, offenen Themen oder sich widerstreitenden Interessen umgegangen wird. Sie ist ein Handlungsvorbild für alle. Sie schafft durch Ihre Person und das an sie gekoppelte Handeln Glaubwürdigkeit und Vertrauen oder eben auch nicht. Es gibt unzählige Spannungsfelder, die die Erzieherin in ihrer Person austragen und zusammenführen muss und für die sie mit ihrer Person als Aushandelspartner zur Verfügung stehen sollte. Damit ist die Erzieherin auf ganz unterschiedlichen Ebenen gefordert: Sie muss die unterschiedlichen Erwartungen, die die Kinder an sie haben, unter einen Hut bringen und auch Erwartungen enttäuschen. Sie sollte sich mit dem Kind identifizieren können und dann doch auch wieder inneren und äußeren Abstand zum Kind nehmen können. Gleichzeitig sind die Erwartungen und Vorstellungen der Eltern auf sie gerichtet, die nicht immer mit ihren Konzepten und Vorstellungen vereinbar sind. Es beginnt ein Aushandlungsprozess um das, was das Beste für das Kind ist. Weiterhin muss sie sich auch stellvertretend für den Träger als Person der Diskussion über die übergeordneten Rahmenbedingungen stellen, zwischen den Interessen der Eltern und des Trägers und denen der Kinder und der Erzieherinnen vermitteln. Die Erzieherin ist also aufgefordert sich auf den unterschiedlichsten Ebenen als gestaltende Akteurin zu platzieren, Impulse zu geben, Reflexionen zu initiieren, zu vermitteln, abzuwägen, zusammenzuführen, zu deeskalieren, aber auch einmal zuzuspitzen usw. Das geht nicht, ohne selbst Plätze zu haben, an denen frau sich über diese Geschehnisse austauschen kann, wo frau Rückhalt erfährt und mit den konflikthaft angestoßenen Themen wieder zu sich kommt und eine Haltung dazu gewinnen kann. Deshalb ist ein tragfähiges und transparentes Team so wichtig in diesem Arbeitsfeld. Die Entwicklung jeder Erzieherin ereignet sich also gerade im Spannungsfeld von solchen erlebten Grenzen und Möglichkeitsräumen, wie ich sie eben aufgeführt habe. Aus dem uns allen zur Verfügung stehenden Wissen um diese grundlegend dialektischen Gesetzmäßigkeiten alles Lebendigen und den sich daraus ableitenden hilfreichen Grundhaltungen ergibt sich aus meiner Sicht eine Basis für Zukunftsoptimismus, für Hoffnung und Vorfreude. Wir können jeden Tag, ja jede Stunde neu anfangen. Auch wenn wir vielleicht einmal das Gefühl haben, zurückzufallen oder auf der Stelle zu treten, wir wissen alle, auf einen Schritt zurück folgen wieder zwei Schritte vorwärts und umgekehrt - und am Ende bleibt in der Regel Entwicklung übrig.
„Es ändert sich. Es ändert sich ganz allmählich. ↔ „Wir wollen unsere Ruhe haben!“ Es ändert sich allmählich ganz.“
Das Zusammenspiel von unabdingbar not-wendiger Veränderung und dem Wunsch nach Verweilen schafft immer wieder Spannungsbögen und daraus wiederum entwickeln sich immer wieder kreative Ideenschübe und Umsetzungsräume. Das Team erlebt, wenn es gut läuft, nach turbulenten Zeiten der Meinungsverschiedenheiten und der Dissonanz (z.B. durch widerstreitende Rollenaufteilungen im Team, die sich ergeben und auch für die Zielfindung notwendig sind): „Wir finden wieder zusammen.“ In diesem Sinne liegt jedweder Form von Kommunikation und Begegnung das prozesshaft Dialogische zugrunde, weil es ein sich ausdifferenzierendes Miteinander und Wachstum schafft. Ein Prozess, der Freude ausstrahlt, wenn er denn gelingt. Gelingen kann der Prozess allerdings wirklich nur dann, wenn wir die Auseinandersetzungsspannung, die sich aufbaut und den Konflikt, der dadurch entsteht, als Aufgabe annehmen und auch in seiner Spannung – und damit in seiner Aufforderung, ihn zu (er-)lösen oder zu verwandeln, - halten können. Was aber kann uns dabei helfen solcherart Spannungs- und Konfliktbögen zu bestehen und auf eine höhere Bewältigungsebene zu führen? Ich möchte dazu im Anschluss einfach noch einmal einiges, vielleicht auch schon bekanntes über Kommunikation und Interaktion zusammenfassen: Interaktion als wechselseitiges „aufeinander-einwirken“ von Menschen ist nicht nur Ausdruck menschlichen Zusammenlebens, sondern eine der elementarsten Voraussetzungen und Vorbedingungen des menschlichen Seins. Ohne Interaktion kann sich der Mensch weder seiner selbst bewusst werden, noch überhaupt existieren. In diesem Sinne ist Interaktion ein dauerhafter und dynamischer Prozess, der im Zusammenhang mit menschlichen Erziehungs- und Kommunikationsprozes- sen unbedingt zu reflektieren ist. Es gibt keinen Moment in dem Menschen ihre Umwelt nicht beeinflussen oder durch sie beeinflusst werden. Dabei ist es aus sozial- und erziehungsethischer Sicht wichtig, sich bewusst zu machen, aus welcher Grundmotivation bzw. – einstellung heraus und in welcher Weise die einzelne Erzieherin diesen ständigen Prozess der Wechselwirkung bzw. Interaktion mitgestaltet: „Was bewegt die Kinder? Und was bewegt mich oder die Kolleginnen?“ Jede einzelne Erzieherin hat ihren „Wesenston“. Deshalb lohnt es sich, sich gegenseitig im Team zu unterstützen. So kann der Wesenston jedes Teammitglieds seinen vollen Klang entfalten. Denn nur Töne, die sich in ihrer Fülle ausbreiten dürfen, können mit anderen Tönen zusammen schwingen und das bilden, was wir einen Klangteppich nennen. Und allem Teamklang wohnt ein Zauber inne,…. Klang öffnet einen großen Raum, in dem alle Menschen sich bewegen, in dem sie frei und tief verbunden sind. Klang ist der Ursprung aller Sprachen und der Musik, die uns alle eint. Durch den Klang erfahren wir Resonanz und im Tönen erfahren wir Verbindung und Zusammengehörigkeit. Wir schwingen uns aufeinander ein und bilden eine Art Klanggroßkörper. Klang ist der größte Geist hinter den Dingen. Teamgeist und „Teamspirit“ haben etwas mit Klang und gelebter Spiritualität (rückbindender Wertehaltung und Achtung vor allem Lebendigen) zu tun. Ein Konflikt beinhaltet immer den Aufruf, ihn zu klären und zu lösen. Je authentischer wir mit unserem Teil im Konflikt mitschwingen und uns mit unserer Seite transparent machen und gleichzeitig auch die anderen klingen lassen, desto erfolgsversprechender ist das Unterfangen. Klappt dieses, können Sie mit sich selbst und anderen wieder in größere Harmonie kommen, meist verbunden mit einem Zuwachs an neuem Entwicklungsraum. Dabei kann es sich um innere Konflikte handeln, die sich in Ihnen aufbauen, oder aber auch um Konflikte, die Sie mit anderen Personen oder Situationen haben. Kommen Sie für sich bzgl. des Konfliktes in einen Klärungs- und Verwandlungs- prozess, der Sie weiterführt und den Konflikt in seiner Breite und Tiefe auslotet, versetzen Sie sich damit auch in die Lage, bei Bedarf Ihre Position in aller Klarheit und Bestimmtheit nach außen hin vertreten zu können. Das Leben ist in einem ständigen Wandlungs- und Veränderungsprozess. Wir wollen das aber oft nicht wahrhaben und lieber das Alte, schon Bekannte und Vertraute, ohne Öffnung für Neues festhalten, weil wir uns damit bereits auskennen, anstatt das Neue zuzulassen, das ja im Übrigen nicht alles „Alte“ und Vertraute wegspülen will. Doch selbst wenn uns das Festhalten am Alten leidend macht und sehr unangenehm auf uns einwirkt, neigen wir noch dazu, den Fluss des Lebens aufhalten zu wollen. Nun stößt ja in unserem Alltag – im Privatleben, wie auch im Arbeitsleben. - nicht nur Altes auf Neues aufeinander, sondern es prallen häufig Tag für Tag verschiedene Meinungen, Wertungen, Umgangsformen, unterschiedliche Handlungsabsichten, Haltungen, Vorstellungen und Bedürfnisse aufeinander, innerhalb eines Menschen, der Familie, des Teams, der Kita, wie überhaupt innerhalb jeder kleineren oder größeren Gemeinschaft. Diese Zusammenstöße (confligere, lat. zusammenstoßen) sind aus der Tiefe her gesehen die Prozessförderer für Weiterentwicklung, für Heilung und Versöhnung. Konflikte ermöglichen es uns, Widersprüche und Unterschiedlichkeiten, alt und neu gegeneinander aufzustellen, zu betrachten, zu erfühlen, wert zu schätzen, liebevoll anzunehmen, weiter zu entwickeln und aus ihnen heraus neue Lösungen, neue Denkarchitekturen, neue Bedeutungszusammenhänge, neue Haltungen zu entdecken. Wir lernen in diesem Prozess den Konflikten den ihnen gemäßen Raum zuzuweisen. Konflikte machen uns wach, sofern wir uns wachrütteln lassen. Sie erinnern uns daran, oft mit großer Wirkmächtigkeit, dass da in uns selbst ein Entwicklungsfeld ist, ein Bedarf, den momentanen Zustand zu überwachsen und dadurch zu heilen. Konflikte gehören also zum Leben. Da das Leben unendlich vielfältig ist, sind auch die Konflikte - als Bestandteile individueller und sozialer Entwicklungen - einzigartig, vielförmig und komplex. Konflikte entstehen und verlaufen nicht nach „Schema F“, also können sie auch nicht nach einem „Standard“ geklärt und gelöst werden. Dennoch gibt es besondere Muster und Merkmale, die charakteristisch sind für konflikthafte Prozesse. Meist beginnt das Wahrnehmen von Spannungen und Konflikten durch ein „Bauchgefühl“ oder durch inneres Unbehagen und Irritationen. Vergegenwärtigen Sie sich einmal für einen kurzen Moment Ihre berufliche Situation. Können Sie sich an Arbeitssituationen erinnern, die sie als belastend und beklemmend erlebt haben? Oder befinden Sie sich ganz aktuell in einer noch nicht durchschaubaren, aber spürbar schwierigen Lage? Denkbare, noch unklare Beobachtungen und Empfindungen könnten sich Ihnen möglicherweise folgendermaßen darstellen:
„Ich fühle mich wesentlich entspannter, wenn Kollegin Maike in Urlaub ist.“ „Wie gerne bin ich doch früher in die Kita gegangen, in letzter Zeit muss ich mich richtig hinschleppen.“ „Wenn ich sehe, wie leicht und verbunden sich die Kinder von Anna führen lassen, dann fühle ich mich richtig unbeholfen und ungeschickt.“ „Einige Teammitglieder kommen in letzter Zeit häufiger zu spät oder gar nicht oder geben vor, früher gehen zu müssen.“ „In letzter Zeit herrscht in den Teambesprechungen oft so eine angespannte Atmosphäre, oder habe ich das früher nur nicht wahrgenommen?“ „Kommt mir das nur so vor oder hat Kollegin Samantha an meinen Beiträgen immer etwas auszusetzen?“ „Mit welcher guten Klarheit Bettina den Eltern auch Grenzen aufzeigen kann, ohne den Kontakt zu verlieren, das beeindruckt mich.“ „Ich fühle mich schrecklich, wenn Kollegin Franzi Kollegin Stefanie in meinem Beisein schneidet und ignoriert.“ „Bilde ich mir das ein oder nimmt die Heftigkeit, mit der Argumente zwischen uns im Team ausgetauscht werden, zu? Ich habe das Gefühl, die Bereitschaft aufeinander zuzugehen nimmt ab.“ „In letzter Zeit fühle ich mich so gestresst, als ob mir die ganzen kollegialen Auseinandersetzungen plötzlich zu viel wären.“ „Wenn ich meine Chefin nach der Umwandlung meines befristeten Arbeitsvertrages in eine Festanstellung frage, reagiert sie so komisch und abweisend.“
Was spielt sich hier ab? Wie können Sie hier weiterkommen? Wie können wir unsere Wahrnehmung für solche Ereignisse und auftauchenden Befindlichkeiten schulen und nutzen? Alle beispielhaft dargestellten subjektiven Befindlichkeitsbeschreibungen entspringen Kommunikationssituationen. Kommunikation ist der Austausch bzw. die Übertragung von Informationen / Botschaften. Dieses gegenseitige Geben und Nehmen geschieht auf unterschiedlichen Ebenen. Es wird eben nicht nur mit Worten kommuniziert, sondern oftmals auch nonverbal. Wir kommunizieren mit unserer Körpersprache: In welcher Köperhaltung befinden wir uns? Sind wir angespannt oder entspannt? Welche Gestik steht im Vordergrund? Welchem Stil folgen unsere Bewegungen (fahrig, ruhig, ziellos,…..) . Was sagt unsere Mimik: Gesichtsbewegung, Augenbrauen, Mundhaltung, Augenkontakt: Wie lange? Sind die Augen dabei geöffnet? Usw. Natürlich sind wir auch der Objektsprache mächtig: Über unsere Kleidung, sichtbar am Körper getragene Statussymbole (Ringe, Ketten, Uhr), Büroeinrichtung, Auto verschicken wir ebenfalls Botschaften der Selbstkundgabe (Schulz von Thun). Ebenso bedienen wir uns der Raumsprache. Wie nah lassen wir jemanden an uns heran? Wie oft gehen wir in den Angriffsschutz? Wo beginnt und endet für uns die persönliche, soziale, öffentliche Zone? Wie breit muss unser Schreibtisch sein, damit wir uns wohl fühlen? Wie viel Nähe können wir genießen, wie viel Distanz müssen wir schaffen? Auch durch die Gestaltung des Raumes können Botschaften vermittelt werden: „Hier ist immer genügend Platz.“ „Du kommst mir zu nahe, ich ziehe mich zurück.“ „Ich wünsche mir mehr Nähe.“ (Kuschelecke) Sie spüren es bereits: Die Kommunikation auf diesen Ebenen ist alles andere als eindeutig. Doch auch die Sprache als Übermittler kann ganz unterschiedlich wirken. Das gesprochene Wort wird in seiner Wirkung beeinflusst von: Lautstärke, Deutlichkeit, Geschwindigkeit, Tonfall, Melodie, Rhythmus, Pausen. Eine wissenschaftliche Studie wollte herausfinden durch welche Faktoren die Glaubwürdigkeit eines Redners bestimmt wird. Das Ergebnis: Zu 7% waren das Worte, zu 35% Ton und Klang der Stimme und zu 58 % Nonverbales. Kommunikationsstörungen können also unmöglich nur über Sprache gelöst werden. Fazit: Es ist nicht möglich nicht zu kommunizieren. Wir wirken immer auf andere. Jedes Verhalten hat also Mitteilungscharakter.
Nach dem Kommunikationsforscher Friedemann Schulz von Thun hat jede Mitteilung, den meisten von uns vermutlich bekannt, vier Aspekte:
1. Der Sachinhalt - Worüber ich informiere
Eine Nachricht enthält zunächst eine Sachinformation. Manche Menschen gehen davon aus, dass Kommunikation ausschließlich sachlich geführt werden kann und wundern sich, wenn das nicht funktioniert. Stets werden mit den Sachinhalten auch andere Qualitäten transportiert.
2. Die Selbstkundgabe – Was ich über mich selbst sage
Die Nachricht enthält auch Informationen über die Person des Senders, z.B. was er von sich hält, welche Fähigkeiten er zu haben glaubt, welche Dinge er wichtig findet, in welcher Verfassung er ist usw.
3. Die Beziehung – Was ich von dir halte und wie ich zu dir stehe
Aus der Nachricht geht auch hervor, wie der Sender zum Empfänger steht und was er von ihm hält. Dies zeigt sich z.B.: in der gewählten Formulierung, im Tonfall, in der Körperhaltung und anderen nonverbalen Begleitsignalen. Für diesen Aspekt der Nachricht hat der Empfänger ein besonders empfindsames Ohr, denn hier fühlt er sich als Person in einer bestimmten Weise behandelt.
4. Der Appell – Wozu ich dich veranlassen möchte
Fast alle Nachrichten haben die Funktion auf den Empfänger „Einfluss zu nehmen“.
Sie dienen also auch dazu, den Empfänger zu veranlassen, bestimmte Dinge zu tun oder zu unterlassen, zu denken oder zu fühlen. Der Sender will mit seiner Nachricht etwas bewirken! Das kann ganz offen oder auch versteckt geschehen. Es grenzt also an ein Wunder, dass wir uns trotz dessen, dass Kommunikation so komplex und manchmal auch kompliziert sein kann, doch immer wieder verstehen und verständigen können. Ich habe einmal im Kino einen norwegischen Film mit dem Titel „Babettes Fiest“ angeschaut. Ungefähr 20 Menschen kamen zu einem Fest zusammen. Sie kamen voller Vorfreude auf die vielen Begegnungen und in der festen Vorstellung, dass das ein schöner Abend wird. Obwohl wir Zuschauer miterlebten, wie oft und wie nachhaltig die Menschen aneinander vorbei redeten, präsentierte sich die Szene für die Beteiligten subjektiv ganz anders. Sie fühlten sich verstanden, lachten miteinander, fühlten sich aufgehoben und zugehörig. Sie wollten einfach einen schönen Abend haben. Wenn Konfliktwolken den Himmel verhängen, hat es also offensichtlich nicht nur damit zu tun, dass wir uns nicht verständigen konnten. In der Kita kommen Sie ja nicht nur zwecklos zusammen, sondern verfolgen auch Ziele und haben einen Auftrag. Sie sollen einen Rahmen schaffen, der dem Wohl des Kindes dient und der das Kind darin unterstützt, dass es sich bilden und entwickeln kann. Sie dürfen und müssen also Verabredungen und Absprachen treffen und diese dann auch umsetzen. Dabei sind Sie sicher auch schon auf nachfolgend aufgelistete Hürden der Kommunikation gestoßen:
Gedacht ist noch nicht bewusst gedacht. Bewusst gedacht ist noch nicht gesagt. Gesagt ist noch nicht gehört. Gehört ist noch nicht verstanden. Verstanden ist noch nicht einverstanden. Einverstanden ist noch nicht durchgeführt. Durchgeführt ist noch nicht erfolgreich durchgeführt. Einmal erfolgreich durchgeführt ist noch nicht auf Dauer erfolgreich eingeführt…
Bleiben Sie trotzdem dran, geben Sie nicht auf! Denn Stagnation schadet unser aller Entwicklung und weggesperrte, verdeckte Konflikte kosten viel Kraft. Sie binden Energien, führen zu Kränkungen, lassen uns erstarren, vergiften die Atmosphäre, können im schlimmsten Fall Zusammengehörigkeit und gemeinsame Identität als gemeinsame Grundlage des Alltagshandeln zerstören, verhindern das Verflüssigen von Schwierigkeiten, die entstehen, halten an einem einmal geschaffenen Status quo fest und verhindern Zukunftsgestaltung und damit Veränderungen. Im Gegensatz dazu ermöglichen offene Konflikte uns doch einiges. Sie verhindern Stagnation und Langeweile. Sie wecken, Interesse, Spannung und Neugier. Sie sind Chance zur Veränderung der Persönlichkeit, der Beziehungen der am Konflikt Beteiligten, sowie der Werte und Normen insgesamt. Sie sind Medium für das Aufzeigen eines Problems und seiner Lösung. Sie führen zu Selbstvertrauen und zur Klärung der eigenen Persönlichkeit. Sie festigen die eigene Identität. Sie führen zur Klärung der unterschiedlichen Positionen in der Beziehung, in der Familie, im Team, in der Kita. Sie sind eine Herausforderung für alle und sie schweißen zusammen, wenn sie bestanden werden. Sie helfen Bedingungen und Zusammenspiel zu verbessern. Sie führen zu gemeinsamen Lösungen, verbinden die beteiligten Menschen und erzeugen Energie, Tatkraft und ein positives Grundgefühl. Offene Konflikte machen aus energiefressenden Problemen gestaltbare Aufgaben. Ich wünsche Ihnen viel sinnerfüllende Freude bei der Verwandlung! Dabei gilt es für die eigene Entlastung auch zu bedenken, dass das Erkennen der tatsächlichen Konfliktwurzeln nicht immer einfach ist. So stand gesellschaftlich zum Beispiel in den letzten Jahren das Motto „Kita-Plätze für alle“ politisch im Vordergrund. Fast nie wurden im öffentlichen Raum die entstehenden Situationen (z.B. Kinder ab ½ Jahr aufnehmen) und die Bedingungen, die sich daraus ergaben, beleuchtet. Außerdem wurde die Kita-Einrichtung plötzlich vor allen Dingen als Bildungsinstitution verstanden, die ihre Erfolge auch differenziert und wissenschaftlich dokumentieren muss. Kinder als Humankapital, Eltern als Wertschöpfer, denen es gilt, den Rücken frei zu halten, was hat das alles aber mit den Bedürfnissen der Kinder zu tun? Die Inklusion als weiterer Anspruch ist begrüßenswert, doch wird auch mitgedacht, wieviel mehr an Auseinandersetzung und Austausch dadurch notwendig wird? Werden diese Ressourcen auch zur Verfügung gestellt? Welche altersgerechten Erprobungsräume brauchen Kinder tatsächlich, wie können wir diese für und mit den Kindern gestalten und wie können wir als verantwortliche Erzieherinnen uns verständigen, dass diese Räume bei allen auch not-wendigen Entwicklungen nicht verloren gehen? Wie können Erzieherinnen dafür sorgen, dass die Einrichtung weiterhin kindgerechte und Kind orientierte “Räume“ zur Verfügung stellen kann? Wie leicht rutschen wir bei all den politischen Anforderungsprofilen in Schreckstarre, fühlen uns ungenügend, gehen in die innere Emigration mit einer grummelnden Unzufriedenheit, die wir aber irgendwie nicht fassen können? Ich wünsche Ihnen, dass Sie an sich, an Ihr Team, an Ihre Grundwerte, die Sie in diesen Beruf geführt haben, glauben und dass Sie dafür sorgen, dass diese Grundmotivation, die Sie selbst in Ihrem Beruf ja auch nährt, genug gelebte Resonanz bekommt, so dass Ihnen die Freude an der Arbeit nicht verloren geht und dass es Ihnen gelingt, gute Formen für Ihre Teamfindungs- und Konfliktbewältigungsprozesse zu kultivieren, damit Sie sich als Team im guten Sinne gestaltend erfahren können.
Literatur:
Joachim Armbrust, Melina Savvidis, Verena Schock, Konfliktfelder in der Kita, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012
Joachim Armbrust, Siegbert Kießler-Wisbar, Wolfgang Schmalzried, Konfliktmanagement in der Kita- Verständigungsprozesse im Team gestalten, Carl Link Verlag, Kronach 2013
Joachim Armbrust, Geschwisterstreit – Konfliktstrategien für Eltern, Urania Verlag, Freiburg im Breisgau Neuauflage 2013
Joachim Armbrust, Konflikte gehören zum Leben, Konstruktiv-prozessualer Umgang mit Konflikten, Zeitschriftenaufsatz in klein & groß 05/14
Joachim Armbrust, Alltägliche Konfliktsituationen in der Kita und unser Umgang damit, Zeitschriftenaufsatz in kinderleicht 4/14 – Konfliktmanagement, Die Zeitschrift für engagierte Erzieherinnen und Erzieher
Joachim Armbrust & Jasmin Hasslinger, „Einstellung neuer Mitarbeiter/-innen – Auswahlkriterien und Merkmale professioneller Bewerbungsgespräche“, Fachartikel in Handbuch für Erzieherinnen in Krippe, Kindergarten, Kita und Hort, Ausgabe 74 (Erscheinungsdatum: September 2013), OLZOG Verlag
Joachim Armbrust, Merkmale fachlich gelungener Supervision, Fachartikel in Handbuch für Erzieherinnen in Krippe, Kindergarten, Kita und Hort, Ausgabe 56,, Februar 2010, OLZOG Verlag
Friedemann Schulz von Thun, Miteinander reden, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 1981
Paul Watzlawick, Menschliche Kommunikation. Formen. Störungen. Paradoxien., Hans Huber Verlag, 2000
15. Februar 2021 / Joachim Armbrust / Kita-Leitung